[Kooperation*] Wenn ein Unwetter durchs münstersche Hafenbecken zieht, würde ich normalerweise eher zuhause bleiben. Nicht aber, wenn der Sturm auf einer schwimmenden Bühne vor dem Wolfgang Borchert Theater passiert. Sturm ist eben nicht gleich Sturm. Stammt dieser nämlich aus Shakespeares Feder und wird unter freiem Himmel vor der beeindruckenden Kulisse des Hafenbeckens aufgeführt, verspricht das ein einzigartiges Münstererlebnis. Und da bin ich natürlich dabei. Schließlich liebe ich Münster und gehe furchtbar gerne ins Theater – auch wenn ich gestehen muss, dass ich es letztlich leider viel zu selten auch wirklich tue.
Aber fangen wir von vorne an: Vor einigen Wochen hat mich Leila von Münsterblogs angeschrieben und gefragt, ob ich Lust hätte, auf Einladung von Münster Marketing zur Presse-Preview von Shakespeares „Der Sturm“ zu kommen und darüber zu berichten. Zuerst war ich skeptisch – schließlich bin ich eigentlich kein Kulturblogger und habe noch nie eine Theaterrezension geschrieben. Aber ich war auch neugierig und einmal ist schließlich immer das erste Mal. Außerdem hatte ich 2012 bereits die Inszenierung von Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ im Gasometer gesehen und war gespannt, was Intendant Meinhard Zanger dieses Mal auf die Open-Air-Bühne bringen würde. Also habe ich zugesagt und – so viel sei schon verraten – ich wurde nicht enttäuscht!
Der Sturm – Worum geht es überhaupt?
Die ehemalige Herzogin von Mailand, Prospera, herrscht seit nun mehr zwölf Jahren auf einer einsamen Insel über Geister und Nymphen. Ihr steht der Sinn nach Rache, denn ihr Bruder Antonio hatte sie einst mithilfe von Alonso, dem König von Neapel, ihres Herzogtums beraubt und sie und ihre Tochter Miranda verbannt. Als Alonso, sein Sohn Ferdinand und sein Bruder Sebastian gemeinsam mit Prosperas Bruder Antonio und einigen anderen an der Insel vorbei segeln, beschwört die Zauberin gemeinsam mit Luftgeist Ariel einen heftigen Sturm herauf und lässt das Schiff kentern. Die Reisenden stranden daraufhin in kleinen Gruppen auf der Insel.
Der schiffbrüchige Kapitän Trinculo und sein Bootsmann Stephano stoßen so auf Caliban, Prosperas verunstaltete Dienerin, die ihre Herrin hasst. Gemeinsam planen sie, die Zauberin zu töten und die Herrschaft über die Insel an sich zu reißen. An einem anderen Teil der Insel stranden Antonio, Alonso, Sebastian und Gonzalo. Während der König von Neapel um seinen Sohn trauert – er glaubt Ferdinand sei ertrunken – irrt dieser alleine auf der Insel herum und trifft schließlich auf Miranda. Die beiden verlieben sich ineinander. Antonio überzeugt in der Zwischenzeit Sebastian davon, dessen Bruder Alonso zu töten, um Sebastian zum König von Neapel zu machen. Der Komplott wird von Ariel vereitelt, da Prospera andere Pläne mit den Gestrandeten hat.
Schließlich scheint die Rache der mächtigen Zauberin nahe zu sein, da beginnt Prospera plötzlich an ihren Plänen zu zweifeln. Ist Vergebung nicht eigentlich besser als Rache?
Und lohnt es sich?
Auf jeden Fall! Und das nicht nur wegen der beeindruckenden Kulisse. Die Inszenierung ist kurzweilig, romantisch, aufregend, mit actionreichen und ruhigen Momenten. Nicht zuletzt die tolle Besetzung und der volle Körpereinsatz der Schauspieler – sie alle müssen im Laufe des Stückes mindestens einmal baden gehen – haben mich überzeugt. Auch das wunderschöne Bühnenbild von Darko Petrovic, die Toneffekte und die Musik von Manfred Sasse, sowie die treffend eingesetzten Spezialeffekte sind fantastisch – allen voran das fulminante Feuerwerk, das den Himmel über dem Hafen zum Leuchten bringt.
Mit der Entscheidung, aus Prospero eine Prospera zu machen, hat der Intendant genau die richtige Wahl getroffen. Schauspielerin Monika Hess-Zanger füllt die Rolle mehr als aus und spielt die ausgebootete Herzogin genauso treffend, wie die besorgte Mutter.
Bernd Reheuser darf als Antonio den Bösewicht spielen – eine Rolle, die er hervorragend beherrscht. Bastian Sesjak überzeugt als Ferdinand. Und Markus J. Bachmann, Florian Bender sowie Tatjana Poloczek bringen als Trinculo, Stephano und Caliban ganz viel Witz in die Sache.
Mein Highlight ist allerdings Jannike Schubert als Ariel – im Original übrigens genauso wie Caliban eigentlich auch männlich besetzt. Sie saust auf dem Jetski durch das Hafenbecken und zeigt in verschiedenen Gesangseinlagen auch stimmlich was sie kann. Und dann ist da natürlich noch Rosana Cleve als Prosperas Tochter Miranda, vor deren Mut ich nur den Hut ziehen kann. Die Schauspielerin schwimmt als erste durch das Hafenbecken und steigt dann elegant aus dem Wasser auf die Bühne – und das vollkommen unbekleidet.
Schon oft habe ich erlebt, dass Theater mit einer allzu modernen Sprache daherkommt und dadurch irgendwie gewollt provokant, aber nicht mehr authentisch wirkt. Nicht so die münstersche Inszenierung von „Der Sturm“. Zwar setzt auch Meinhard Zanger auf Aktualitätsbezüge – es gibt Anspielungen auf Klimawandel und Frauenquote und auch Roland Kaiser wird erwähnt – aber er tut es mit Stil und ohne zu übertreiben.
Stürmische Zeiten im Hafenbecken
Die Presse-Preview hatte übrigens einen ganz besonderen Reiz für mich: Meinhard Zanger hat nämlich zu Beginn kurz erklärt, „das hier ist eine Probe – es ist also noch nicht alles fertig!“ Und genau das fand ich spannend zu sehen. Wenn die Schauspieler noch an ihrer Rolle feilen, der Text hier und da noch nicht zu 100 Prozent sitzt und das Bühnenbild noch einmal kritisch beäugt wird, bekommt man nämlich erst einmal einen Eindruck davon, was eigentlich hinter so einer Inszenierung steckt.
Wir Gäste waren da auch ein bisschen Versuchskaninchen – schließlich bekam das Team vom Borchert Theater durch uns einen ersten Eindruck davon, wie das Publikum auf die Inszenierung reagiert. Also ich jedenfalls habe mitgefiebert, viel gelacht und war in jedem Fall begeistert. „Der Sturm“ gefiel mir persönlich sogar besser als die Inszenierung von Shakespeares „Sommernachtstraum“. Das mag aber an mir liegen, denn ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich damals das Stück nicht kannte und vollkommen ohne Erwartungen in den Gasometer gegangen bin. Dieses Mal hingegen war ich vorbereitet und konnte mich deshalb besser auf die Aufführung einlassen.
Ich könnte jetzt noch ganz viele Zeilen über diese wunderbare Inszenierung schreiben. Aber ich glaube, das will keiner lesen und das Wichtigste habe ich auch schon gesagt. Wer also Lust auf einen ganz besonderen Münsterabend hat und gerne ins Theater geht, sollte sich den „Sturm“ auf keinen Fall entgehen lassen. Ich überlege sogar noch einmal in das Stück zu gehen, um auch die Endversion gesehen zu haben. Mehr Infos zum Spielplan und vor allem die Tickets gibt es hier.
Und jetzt möchte ich mich noch kurz bedanken: Beim Borchert Theater und bei Münster Marketing für die Einladung und die tolle Betreuung bei der Presse-Preview!
Liebe Grüße
Jenni
* Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit dem Wolfgang Borchert Theater und Münster Marketing entstanden, die mich zur Presse-Preview eingeladen haben. Was ich geschrieben habe, entspricht aber trotzdem meiner persön- lichen Meinung und wurde in keiner Weise von den Initiatoren vorgegeben.